Aus den zahlreichen möglichen Ansätzen, sich mit dem Thema Tourismus zu beschäftigen, haben wir für diesen Schwerpunkt vor allem den Zugang „Tourismus – Globalisierung – nachhaltige Entwicklung“ gewählt. In Ländern, wo das Geschäft mit der Reiselust schon viele Jahre seine Wirkung entfaltet, sprießen vereinzelt sozial- und umweltverträgliche Angebote. Im großen und ganzen aber wird nach wie vor kräftig in die Tourismus-Industrie investiert, sprich: in den Ausbau der internationalen Hotellerie und die dazugehörige Infrastruktur.
Ein Beispiel ist der Tourismus-Newcomer Kap Verde, der große Anstrengungen unternimmt, ins Geschäft zu kommen. Ausländische Investoren werden umworben, kleinere einheimische Invitiativen erfahren keine systematische Förderung.
Gut erforscht ist die Spezies der Reisenden. Und die Ergebnisse solcher Studien weisen in eine andere Richtung. Zum Beispiel die deutsche Reiseanalyse 1997, durchgeführt von der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V., Hamburg. Sie hat drei Typen des Fernreisenden konstatiert:
Typ 1: Bade- und ErholungsurlauberIn (Anteil heute 30%; Anfang der achtziger Jahre 60%) – interessiert an weißem Strand unter Palmen, nicht an Zielland und seiner Bevölkerung; bevorzugt Cluburlaub und Ferienanlagen.
Typ 2: Sightseeing- und BadeurlauberIn (30%) – auch an touristischen Attraktionen des Ziellandes interessiert; bevorzugt organisierte Reisen.
Typ 3: aufgeschlossene/r, unabhängige/r Reisende/r (40%; Anfang der achtziger Jahre 20%) – ist reiseerfahren, ist an sozialen, kulturellen und politischen Aspekten des Gastlandes interessiert; sucht Kontakt zur einheimischen Bevölkerung; organisiert seine Reise bis auf Teilleistungen, selbständig; zieht kleine einheimische Hotels und Restaurants vor, sucht aber gewissen Komfort und unterscheidet sich dadurch stark vom Rucksacktouristen.
Da immer mehr Menschen Reiseerfahrung haben, nimmt Typ 3 kontinuierlich zu. Die Entwicklung bestätigt die vom Tourismus-Forscher Jost Krippendorf bereits in den siebziger Jahren formulierte These von der der Entwicklung des „manipulierten“ über den „informierten“ hin zum „emanzipierten“ Touristen.
Und hier stellt sich die Frage: Warum orientieren sich Tourismus-PolitikerInnen und -Wirtschaft der Zielländer nach wie vor so stark an Typ 1 und 2? Und: Wer ist hier ignorant? Es gäbe offensichtlich die Möglichkeit, das Angebot eines Landes stärker auf Typ 3 auszurichten. Es könnte wirtschaftlich interessant sein und einem sozial- und umweltverträglichen Tourismus trotzdem größere Chancen einräumen. Angesichts der Zerstörungen, die Reise-Lawinen in vielen Ländern bereits angerichtet haben, fragt man sich auf gut österreichisch: Was muß noch passieren, damit was geschieht?